Plakative Einblicke. Plakatiefe Einsichten!

Am 22. Juni 2021 fand der erste Grüne Salon in unseren neuen Agenturräumen statt – in Summe natürlich unsere 23. Veranstaltung, nach 22 wunderbaren Schlossgaragen. Immer noch online, aber schon wieder so live und vital wie die letzten Male. Das zeigt, wie wir eine Krise annehmen und bewältigen können.

Und schon ist sie gebaut, die Brücke zum Thema: Erfolg schöpfen aus der Krise. Und schon ist auch der Fokus eingestellt auf die Polnische Plakatschule, auf Kubanische Posterkunst und die Kraft des Plakats an sich.

Das Plakat ist ein Kind der Krise. Polen und seine Bevölkerung leiden unermesslich an den Kriegsgräueln und -wirren. Millionenfache Vertreibungen,

wirtschaftliche Zerstörung, russische Besatzungsmacht, Warschauer Pakt, Ostblock, 1-Parteien-System – die Chronologie führt gefühlt spiralenförmig nach unten in die Zukunft.

Die Kunst- und Kulturszene Polens findet wenig Förderliches für sich:
keine freie Marktwirtschaft, kein Wettbewerb, keine Werbung (vgl. Amerika), wenig Entwicklung hinsichtlich Technik, Foto, Typo etc. und dazu wenige Impulse durch internationale Medien.

Die Polnische Plakatschule – die Schmiede zu neuen Ausdrucksformen

Dieser Schmelztiegel des Mangels hat Auswirkungen auf die Gestaltung. Die Krise steht für Einschränkung. Die Wege könnten vorgegeben sein: Flucht, Resignation, Stagnation. Nicht so in Polen von 1950 bis 1989, hier vor allem im Kulturbereich.

In der Szene öffnet sich ein grafisches Ventil: Das positive Gesicht der Krise – das Plakat. Vor allem die intensive Bearbeitung von Theater, Film und Kultur ist es, die das Plakat nach vorne treibt. Soziale Themen werden zum Motiv und die außergewöhnliche experimentierfreudige Atmosphäre tut ihr Übriges dazu. Von Vorteil ist: Das Plakat muss nichts verkaufen!

„Plakate müssen pulsieren, wie ihre Lebensräume.
Sie müssen überraschen, faszinieren oder schockieren,
um einen flüchtigen Passanten aufzuhalten und zum
Weiterdenken zu animieren.”

Das Plakat avanciert zur „Volkskunst“, die nicht nur Information liefert, sondern künstlerische Konfrontation. Die Plakatkunst überzeugt durch Illustration und Ausdruck statt Foto und Typo.

Das illustrative und malerische Niveau ist hoch. Photocollagen treten in Folge verstärkt auf. Es entsteht eine neue Designform: „conceptual image“ – die ausdrucksstarke Bildidee. Reduziert, mit Metaphern, expressiv, plakativ und zum Weiterdenken animierend.

Die polnische Plakat-Idee ist das gelebte „Keep it simple“

01 Tadeusz Trepkowski „Nein!“ 1952 / 02 Henryk Tomaszewski, Mannequin, 1985 Theaterplakat / 03 Henryk Tomaszewski, Das Tagebuch, 1967 Theaterplakat

Henryk Tomaszewski (1914 – 2005, Warschau) ist  „The God Father“ des Polnischen Plakat-Designs. Sein Schüler Marek Freudenreich arbeitet als Professor an der Kunstuni Linz und bringt die These des conceptual image auf den Punkt, wenn er sagt: „Wenn ich mit einem Wort erzählen wollte, was ich lehre, wäre zu sagen: das ‚Denken‘… Ich lehre eine solche Art des Denkens, die auf dem einfachsten Weg zum Ziel führt.“

In Polen entfaltet sich ein außergewöhnliches Klima für kreative Gestaltung mit starkem Ausdruckswillen. Das Plakat prägt das Bild der Straßen entscheidend und konsequenterweise wird 1966  die Internationale Poster Biennale in Warschau ins Leben gerufen. Bis heute.

1989 wird in Polen Soidarnosc anerkannt, mit dem Gewerkschaftsführer Lech Walesa an der Spitze. Es folgen freie Wahlen und das Ende des kommunistischen Systems wird eingeleitet.

Waldemar Swierzy 01 Ray Charles, 1987 / 02 Jimmy Hendrix, 1974 / 03 Duke Ellington, Caravan, 1975

Das Plakat wandert nach Westen und wird zum Poster

Ist das Plakat in Polen die Kunst der Straße, wird es im Kuba der 1960er- und 1970er-Jahre zum Propagandamedium schlechtin. Im Dunstkreis von Kaltem Krieg, Kommunismus vor den Toren der USA, einem massiven Wirtschaftsembargo und einer landesweiten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Krise wird auch das kulturelle und künstlerische Leben auf eine harte Probe gestellt.

Es herrschen Engpässe bei den Farben, aber man macht weiter mit dem, was da ist. Das ist das Ventil in der Krise Kubas und und mit dem Willen zur „Graphic Revolution“ entsteht hier das goldene Zeitalter kubanischer Posterkunst: „El periodo de oro de la grafica cubana.”

Dass der Kommunismus zur verbindenden Klammer wird, erscheint kurios und gleichermaßen bedeutend für die Posterentwicklung. Kubanische Designer werden nach Polen geschickt, um bei Henryk Tomaszewski zu studieren.

01 Raúl Martínez, Cuba, 1969 / 02 Olivio Martinez, Che, 1973 / 03 Antonio Fernández Reboiro, Carmen, 1970

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